Maschinentuning und Einstellung

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Gründe für und allgemeine Hinweise zu diesem Artikel

Wenn man die aktuellen Diskussionen im Kaffeenetz verfolgt, fällt auf, dass dort auch an hochwertigen und teuren Maschinen eine ganze Menge gebastelt wird. Dies liegt nicht vorrangig am Spieltrieb der Maschinenbesitzer, sondern zum großen Teil daran, dass viele Maschinen einfach nicht mit der optimalen Einstellung ausgeliefert werden und eine pauschale "Optimalkonfiguration" vom Hersteller teilweise gar nicht zu realisieren ist. Viele Parameter hängen einfach vom verwendeten Kaffee ab. Dieser Artikel soll jedoch auf keinen Fall die Vorstellung vermitteln, dass eine gut justierte Maschine von selbst perfekten Espresso brauen kann. Vielmehr sollte man sich erst an diese Modifikationen wagen, wenn man alle persönlichen Fehlerquellen ausgeschaltet hat und mehrere Espressi in nahezu identischer Qualität herstellen kann. Nur so kann man nämlich feststellen, ob die Modifikation an der Maschine einen positiven oder negativen Effekt gehabt hat, und die Qualitätsveränderung nicht nur zufällig ist.

Kesseldruck bei Zweikreisern

Der Kesseldruck hängt direkt mit der Kesseltemperatur zusammen, und diese bestimmt indirekt die Temperatur des Brühwassers. Wie man an einigen Stellen hier im Wiki und auch im Kaffeenetz nachlesen kann, beeinflusst die Brühtemperatur den Geschmack des Espressos sehr stark. Zu heißes Wasser lässt ihn bitter schmecken, zu kaltes sauer. Bevor man den Fehler im Kesseldruck sucht, sollte man aber erst alle anderen Fehlerquellen ausschließen:

  • Bei Zweikreisern heizt sich das Brühwasser solange auf, wie es im Wärmetauscher steht. Das heißt, dass es schon nach relativ kurzer Standzeit der Maschine dieselbe Temperatur wie das Kesselwasser hat (etwa 125°C). Weil bei den meisten Maschinen die Brühgruppe nicht in der Lage ist, diesen Hitzeüberschuss auszugleichen, muss man mit einem sogenannten Leerbezug erst das überhitzte Wasser aus dem Wärmetauscher ablassen.
  • Außerdem können auch ein zu feiner Mahlgrad, zu wenig Pulver im Sieb und eine zu große Wassermenge pro Tasse zu einem bitteren Geschmack führen.
  • Verbrannte oder zu weit geröstete Bohnen schmecken bitter.
  • "Channeling" lässt den Espresso bitter schmecken, weil sich das Wasser Kanäle in den Kaffeepuck gräbt, in denen das Pulver zu weit extrahiert wird, während es im restlichen Puck unterextrahiert bleibt. Diese "Bohrlöcher" sind leicht mit bloßem Auge zu erkennen.
  • Zu guter Letzt kann ein bitterer Geschmack auch von alten Kaffeefettresten hinter dem Duschsieb kommen. Dieses sollte regelmäßig durch Rückspülen und auch von Hand bei abgeschraubtem Sieb und eventuell auch der Duschplatte entfernt werden.
  • Ein saurer Geschmack ist ein relativ sicheres Indiz für eine niedrige Temperatur. Man sollte aber beachten, dass diese auch durch eine nicht ausreichen durchgeheizte Maschine und kalte Siebträger verursacht sein kann. Röstfehler sind auch hier möglich (zu kurz/zu kalt).
  • Ein fehlendes/fehlerhaftes Entlüftungsventil sorgt dafür, dass der Druck schneller steigt und der Pressostat schon bei einer niedrigeren Temperatur die Heizung abschaltet. In diesem Fall muss man von Hand mit dem Dampfhahn entlüften: Nachdem der Pressostat das erstemal unterbrochen hat, dreht man kurz den Dampfhahn auf, um die Luft aus dem Kessel entweichen und vom Wasserdampf verdrängen zu lassen. Heizt die Maschine jetzt noch eine Zeit länger als normal bei gleicher entnommener Dampfmenge, liegt der Fehler tatsächlich hier.
  • Auch kann zu frischer Kaffee sauer schmecken, dabei entwickelt er gleichzeitig übermäßig viel und oft helle Crema. Lässt man ihn 1-2 Tage in der Mühle liegen, gast er noch etwas aus und die Säure verschwindet größtenteils. Ist dieser Effekt bei einer bestimmten Sorte bekannt, sollte man sie lieber noch eine Woche im ungeöffneten Beutel lagern, bevor man sie in die Mühle füllt.

Wenn diese Punkte alle ausgeschlossen sind, kann man relativ sicher von einer zu niedrigen respektive hohen Kesseltemperatur ausgehen. Diese lässt sich am Pressostaten einstellen. Dieser ist bei offener Maschine leicht zu finden, er sitzt am Ende eines Rohres vom Kessel und hat Kabel angeschlossen, die zur Heizung führen. Auf ihm gibt es eine Schraube, an der man die Vorspannung der Feder einstellen kann, die den Druck festlegt, bei dem der Pressostat den Heizstrom unterbricht. Bei größerer Vorspannung (meist im Uhrzeigersinn) schaltet der Pressostat später ab und erhöht so die Temperatur. Man sollte immer nur eine viertel oder halbe Umdrehung an der Schraube vornehmen und dann etwas Dampf ablassen, um die Heizung zu starten und dann die neue Temperatur geschmacklich und am Manometer zu prüfen. Es kann rund 20 Minuten dauern, bis sich alle Auswirkungen einer Druckänderung im Geschmack zeigen, da sich auch die Brühgruppentemperatur leicht ändert. Bei einigen Pressostaten gibt es noch eine zweite Schraube, an der man den Abstand der Ein- und Ausschaltpunkte, die sog. Hysterese, einstellen kann. Sie sollte nicht zu klein gewählt werden, um den Pressostaten nicht durch zu viele Schaltvorgänge zu schnell zu verschleißen. Aus Sicherheitgründen sollte nicht bei eingeschalteter Maschine an den Innereien gearbeitet werden.

Brühdruck

Früher hatten viele Maschinen haben ab Werk einen zu hohen Brühdruck. Bei aktuellen Maschinen mit Expansionsventil ist das kein Thema mehr.

Der Brühdruck sollte etwa 9 Bar liegen, laut Pumpenkennline sind es bei einem Flow von 1,5g/s oft 11-13 Bar. Ein zu hoher Druck macht den Puck anfälliger für Channeling, erzeugt weniger Crema und einen bitteren, überextrahierten Geschmack. Um bei hohem Brühdruck auf angemessene Durchlaufzeiten zu kommen, muss das Kaffeemehl sehr fein gemahlen und fest angedrückt sein. Die Maschine bzw. das Ergebnis ist anfälliger für Bedienfehler. Die meisten verbauten Pumpen haben einen Maximaldruck von 15 Bar, der nur erreicht wird, wenn kein Wasser fließt. Je nach Durchflussmenge pro Zeit sinkt dieser Druck je nach verbauter Pumpe. Die Werte lassen sich auf einer sog. Pumpenkennlinie ablesen. Hier kann man sehen, dass bei der angestrebten Durchflussmenge von ca. 1,5g/s der Druck noch weit über den gewünschten 9 Bar liegt. Der Druck muss also wirksam verringert werden. Vor allem bei Einkreismaschinen ohne Magnetventil ist hierzu ein Brühgruppenventil verbaut, das wie ein Rückschlagventil durch eine Feder den Pumpendruck bremst. Das führt dazu, dass vom Druck immer ein bestimmter Wert, z.B. 3 Bar oder 5 Bar "vernichtet" wird. Diese Ventile lassen sich nur begrenzt durch Herein- oder Herausdrehen der Feder einstellen. Hochwertigere Maschinen besitzen ein Expansionsventil, welches zwischen Kessel und Pumpe sitzt und ab einem bestimmten Druck einen weiteren Weg für das Wasser freigibt. Dieses fließt nun zurück in den Tank oder in den Schlauch vor der Pumpe. So erhöht sich die Durchflussmenge und der Druck sinkt, bis das Ventil wieder schließt. Auf diese Art wird der Druck begrenzt und nicht einfach verringert. Durch Änderung der Federvorspannung im Ventil lässt sich der Öffnungsdruck einstellen. Bei einigen kleineren Maschinen muss man hierzu das Ventil aufschrauben (Gaggia CC), bei anderen kann man direkt am Ventil an einer Schraube drehen. Kontrollieren kann man den Druck durch ein Pumpenmanometer an der Maschine selbst, durch ein bei Bedarf angeschlossenes Siebträgermanometer oder einfach durch den Geschmack.

Druckanstieg

Wird der trockene Kaffeepuck direkt mit hohem Druck vom heißen Wasser getroffen, ist der Geschmack u.U. nicht optimal und die Anfälligkeit für Channeling und einige andere "Krankheiten" steigt. Unter dem Sammelbegriff "Preinfusion" versteht man eine Reihe von Maßnahmen, die den Druck langsamer ansteigen lassen und dem Puck Zeit geben, bei niedrigem Druck vorzuquellen. Aber nicht alle Kaffees brauchen, mögen oder vertragen Preinfusion, weshalb man bei einer neuen Sorte immer ausprobieren sollte, zu welcher Gruppe sie gehört. Hier ist eine Liste mit Maßnahmen, Umbauten und Effekten, die mit der Preinfusion zusammenhängen:

  • Manuelle Preinfusion: Anstatt wie gewohnt den Bezug von Anfang bis zum Ende durchlaufen zu lassen, startet man die Pumpe erst für etwa 1s, wartet ca. 5s und startet dann erst den eigentlichen Bezug. Dadurch wird der Puck befeuchtet, ohne dass sich ein nennenstwerter Druck aufbauen kann.
  • Natürliche Preinfusion bei Vibrationspumpen: Weil diese Pumpen nur eine geringe Durchflussrate haben, dauert es relativ lange, bis sich der eigentliche Brühdruck aufgebaut hat. Dies kann bis zu 10s dauern.
  • Durchflussmengenverringerung durch Einspritzdüsen: Oberhalb der Verteilerplatte im Brühkopf sitzt eine Düse, die den Wasserweg so weit verengt, dass das Wasser länger braucht, um den eigentlichen "Brühraum" zu füllen und den Druck aufzubauen. Diese Düsen kann man zur Einstellung in Größen von 0,5mm bis 1,5mm kaufen.
  • Druckminderer: bei Maschinen mit Festwasseranschluss liegt ständig der Leitungsdruck an. Öffnet sich das Magnetventil, liegt er fast augenblicklich an und die Pumpe muss nur noch den restlichen Druck erzeugen. Dadurch liegt der Brühdruck viel schneller an. Durch einen Druckminderer kann man sehr komfortabel den Druck einstellen, von dem aus die Pumpe mit dem Druckaufbau beginnen soll und so ihn so verlangsamen.
  • Separate Magnetventilsteuerung: Mit etwas handwerklichem Geschick kann man einen zusätzlichen Schalter an der Maschine anbringen, mit dem sich das Magnetventil öffnen lässt, bevor die Pumpe startet. Dadurch kann man bei Festwassermaschinen den Puck erst mit dem niedrigen, u.U. einstellbaren Leitungsdruck durchfeuchten lassen, um dann erst die Pumpe zu starten. Die Variationsmöglichkeiten auf der Suche nach der optimalen Extraktion sind hier durch wählbaren Leitungsdruck, Pumpendruck, Pumpenlaufzeit und Wartezeit nahezu unbegrenzt.
  • Preinfusion bei der E61: Diese Brühgruppe besitzt eine Kammer mit einer Feder, die sich zu Beginn des Brühvorgangs mit Wasser füllt. Dadurch wird der Druck "aufgenommen", während das Pulver schon vorquillt. Erst wenn sich diese Kammer vollständig gefüllt hat baut sich der endgültige Brühdruck auf. So sind Maschinen mit den Nachbauten dieser Gruppe ("Chrombomber") etwas gutmütiger im Hinblick auf Channeling durch Fehler bei der Siebbefüllung und andere Ungenauigkeiten.