Brührezept: Unterschied zwischen den Versionen

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Wie bei einem Kochrezept dient das Brührezept dazu, die wesentlichen Parameter der Zubereitung festzuhalten. Damit können andere dieses Rezept "nachkochen" und erhalten dabei ein ähnliches Ergebnis.  
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Wie ein Kochrezept dient das Brührezept dazu, die wesentlichen Parameter der Zubereitung festzuhalten:
 
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# Um nach Verkostung das Rezept (und dadurch das Ergebnis) gezielt zu verändern.
Werden andere Ergebnisse gewünscht, kann das Rezept gezielt verändert werden. Eine gezielte Veränderung wird erst möglich, wenn zuvor gelingt, bei gleichem Rezept jeweils das gleiche Ergebnis zu erzielen. Dies ist nur möglich, wenn keine Bezugsfehler wie [[Mahlgrad#Channeling|Channeling]] oder ungleichmäßige Extraktion durch schiefes [[Tamper|tampen]] das Ergebnis beeinflusssen. 
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# Um reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen
 
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# Um sich über die Zubereitung eines Kaffees auszutauschen.
Um mit der vorgegebenen Menge Kaffee die korrekte Masse in der Tasse zu erhalten, muss der [[Mahlgrad]] entsprechend verändert werden.  
 
  
 
Ein '''Brührezept''' besteht aus den folgenden Angaben, in Klammer die englischen Begriffe
 
Ein '''Brührezept''' besteht aus den folgenden Angaben, in Klammer die englischen Begriffe
  
* Menge Kaffeepulver (Dose)  
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* Menge Kaffee (Dose)  
 
* Brühtemperatur (Temperature)  
 
* Brühtemperatur (Temperature)  
 
* Pumpenlaufzeit (Time)  
 
* Pumpenlaufzeit (Time)  
 
* Masse in der Tasse (Yield)  
 
* Masse in der Tasse (Yield)  
  
Für verschiedene Mengen Kaffee kann es sinnvoll sein, verschiedene Siebe zu verwenden
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Die Masse in der Tasse wird über den [[Mahlgrad]] verändert.
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Für verschiedene Mengen Kaffee kann es sinnvoll sein, verschieden große Siebe zu verwenden.
  
== Beispiele für einen Espresso Doppio ==
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== Abgeleitete Größen ==
  
=== klassischer, dunkler Espresso ===
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* '''Brührate''' (Brew rate, Brew ratio) [dimensionslos] = Masse in der Tasse / Menge Kaffee
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* '''Flussrate''' (Flow)    [g/s] = Masse in der Tasse / Bezugszeit (Zeit ab dem ersten Tropfen bis Ende des Bezugs)
  
* 14g Kaffee
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Brührezepte beziehen sich immer auf einen bestimmten Kaffee. Es wird vorausgesetzt,
* 90° Brühtemperatur
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* dass der Kaffee nicht zu frisch ist und noch ausgasen muss (1 bis 3 Wochen nach der Röstung abgelagert, bei dunklen Röstungen länger als bei hellen) und
* Brühzeit (Pumpenlaufzeit 22s)
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* dass er noch wirklich frisch ist, z.B. max. 6 Monate nach der Röstung.
* 28g Masse in der Tasse (Brühverhältnis 28/14 = 2)
 
  
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== Das erste Brührezept ==
  
=== heller Espresso ===
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Idealerweise beginnt man mit der ''Standarddosis'', die vom Durchmesser des Siebs abhängt, gemäß folgender Tabelle.
* 19g Kaffee
 
* 94°C Brühtemperatur
 
* Brühzeit 32 Sekunden
 
* Masse in der Tasse 32g (Brühverhältnis 32/19 = 1,7)
 
  
=== Womit starten? Das erste Brührezept ===
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{|cellspacing="0" cellpadding="10"  border="1"
Häufig kommt die Frage, mit wieviel Gramm im Sieb man anfangen soll.
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|+<div id="Standarddosis">Standarddosis für gängige Siebdurchmesser<br>(wenn nichts anderes angegeben)
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! Siebdurchmesser [mm] !! Standarddosis [g]
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| 58 mm || 16 g
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| 55 mm || 14,5 g
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| 54 mm || 14 g
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| 53 mm || 13,5
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| 50 mm || 12 g
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| 49 mm || 11,5 g
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Diese Methoden werden zum Festlegen eines Startwerts häufig genannt:
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Das ''klassische Italienische Rezept'' hingegen verwendet nur 7 g Kaffeemehl. Details im folgenden Abschnitt.
* Siebträger auf die Waage und nullen (Tara) , das Sieb vollmahlen, abzustreifen und nochmal auf die Waage.
 
* Siebträger auf die Waage und nullen. Eine bestimmte Menge einmahlen, nach dem Tampen ein Cent-Stück exzentrisch auf die Kaffeeoberfläche legen, dass die Schraube in der Mitte das Geldstück nicht erreicht, einspannen und wieder ausspannen. Das Centstück darf nur einen minimalen Abdruck hinterlassen (wenn man gerade getampt hat), ansonsten Menge verändern.
 
* Einwaage merken, Espresso beziehen. Hinterlässt die Schraube keinen Abdruck, Menge erhöhen. Hinterlässt das Duschsieb einen Abdruck, Menge verringern.  
 
  
Mit welchem Wert man auch immer startet, mal sollte immer nur einen Wert des Brührezepts vorsichtig ändern.
 
  
== INEI ==
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* Menge: <br> Existiert zu einem Sieb keine Angabe, werden zum Festlegen eines Startwerts folgende Methode häufig genannt: Eine bestimmte Menge einmahlen, nach dem Tampen ein Cent-Stück exzentrisch auf die Kaffeeoberfläche legen, dass die Schraube in der Mitte der Dusche das Geldstück nicht erreicht, einspannen und wieder ausspannen. Das Centstück darf nur einen minimalen Abdruck hinterlassen (wenn man gerade getampt hat).
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* Wassertemperatur: 92°
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* Pumpenlaufzeit 25 s
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* Masse in der Tasse: Menge Kaffee * 1,8
  
Oft zitiert wird das Espresso-Brührezept der [http://www.espressoitaliano.org/files/File/istituzionale_inei_hq_en.pdf|INEI]
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Kämpft man mit Bezugsfehlern wie [[Mahlgrad#Channeling|Channeling]], müssen erst diese Fehler beseitigt werden, bevor man das Brührezept gezielt verändern kann, um einen anderen Geschmack zu erreichen.
Streng genommen ist es aber nicht nur ein ein Rezept, es legt auch viele Eigenschaften des fertigen Espresso fest, die erst nach der Zubereitung gemessen werden können.
 
  
Außerdem ist die Angabe eines Volumens in der Tasse statt der Masse in der Tasse problematisch.  
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== INEI-Rezept ==
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Das [http://www.espressoitaliano.org/ Istituto Nazionale Espresso Italiano] (INEI) hat eine Art Brührezept veröffentlicht, dass den "Espresso Italiano" definiert. Das [http://www.espressoitaliano.org/files/File/istituzionale_inei_hq_en.pdf INEI dazugehörende PDF] liegt noch auf dem Server, ist aber nicht mehr über die Navigation erreichbar. Inzwischen ist "Espresso Italiano" kein Rezept mehr, sonder kann als Zertifikat über ein Schulungs- und Zertifizierungsprogramm erworben werden.
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Weil es oft zitiert wurde, ist es hier noch mal aufgeführt. Dass die Bezugsmenge als Volumen in [ml] und nicht als Masse in [g] angegeben wird, sorgt immer wieder für Diskussionen.
  
 
* Necessary portion of ground coffee 7 g ± 0,5
 
* Necessary portion of ground coffee 7 g ± 0,5
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* Caffeine < 100 mg/cup
 
* Caffeine < 100 mg/cup
 
* Millilitres in the cup (including froth) 25 ml ± 2,5
 
* Millilitres in the cup (including froth) 25 ml ± 2,5
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== Bezugsfehler ==
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Eine gezielte Veränderung des Brührezepts wird allerdings erst möglich, wenn man bei gleichem Rezept sehr ähnliche Ergebnis erzielt. Bezugsfehler wie [[Mahlgrad#Channeling|Channeling]] oder ungleichmäßige Extraktion durch schiefes [[Tamper|tampen]] machen ähnliche Ergenisse bei gleichem Rezept nur zufällig möglich. Sie müssen deshalb zuerst angegangen werden.
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Auch schmeckt ein Bezug mit Channeling vor allem bitter. Eine Änderung des Brührezepts führt evtl. nur zu einem weiteren bitteren Bezug, der Zusammenhang zwischen dem Brührezept und einem spezifischen Geschmack kann nicht wahrgenommen werden.

Aktuelle Version vom 8. Mai 2022, 13:35 Uhr

Wie ein Kochrezept dient das Brührezept dazu, die wesentlichen Parameter der Zubereitung festzuhalten:

  1. Um nach Verkostung das Rezept (und dadurch das Ergebnis) gezielt zu verändern.
  2. Um reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen
  3. Um sich über die Zubereitung eines Kaffees auszutauschen.

Ein Brührezept besteht aus den folgenden Angaben, in Klammer die englischen Begriffe

  • Menge Kaffee (Dose)
  • Brühtemperatur (Temperature)
  • Pumpenlaufzeit (Time)
  • Masse in der Tasse (Yield)

Die Masse in der Tasse wird über den Mahlgrad verändert. Für verschiedene Mengen Kaffee kann es sinnvoll sein, verschieden große Siebe zu verwenden.

Abgeleitete Größen

  • Brührate (Brew rate, Brew ratio) [dimensionslos] = Masse in der Tasse / Menge Kaffee
  • Flussrate (Flow) [g/s] = Masse in der Tasse / Bezugszeit (Zeit ab dem ersten Tropfen bis Ende des Bezugs)

Brührezepte beziehen sich immer auf einen bestimmten Kaffee. Es wird vorausgesetzt,

  • dass der Kaffee nicht zu frisch ist und noch ausgasen muss (1 bis 3 Wochen nach der Röstung abgelagert, bei dunklen Röstungen länger als bei hellen) und
  • dass er noch wirklich frisch ist, z.B. max. 6 Monate nach der Röstung.

Das erste Brührezept

Idealerweise beginnt man mit der Standarddosis, die vom Durchmesser des Siebs abhängt, gemäß folgender Tabelle.

Standarddosis für gängige Siebdurchmesser
(wenn nichts anderes angegeben)
Siebdurchmesser [mm] Standarddosis [g]
58 mm 16 g
55 mm 14,5 g
54 mm 14 g
53 mm 13,5
50 mm 12 g
49 mm 11,5 g

Das klassische Italienische Rezept hingegen verwendet nur 7 g Kaffeemehl. Details im folgenden Abschnitt.


  • Menge:
    Existiert zu einem Sieb keine Angabe, werden zum Festlegen eines Startwerts folgende Methode häufig genannt: Eine bestimmte Menge einmahlen, nach dem Tampen ein Cent-Stück exzentrisch auf die Kaffeeoberfläche legen, dass die Schraube in der Mitte der Dusche das Geldstück nicht erreicht, einspannen und wieder ausspannen. Das Centstück darf nur einen minimalen Abdruck hinterlassen (wenn man gerade getampt hat).
  • Wassertemperatur: 92°
  • Pumpenlaufzeit 25 s
  • Masse in der Tasse: Menge Kaffee * 1,8

Kämpft man mit Bezugsfehlern wie Channeling, müssen erst diese Fehler beseitigt werden, bevor man das Brührezept gezielt verändern kann, um einen anderen Geschmack zu erreichen.

INEI-Rezept

Das Istituto Nazionale Espresso Italiano (INEI) hat eine Art Brührezept veröffentlicht, dass den "Espresso Italiano" definiert. Das INEI dazugehörende PDF liegt noch auf dem Server, ist aber nicht mehr über die Navigation erreichbar. Inzwischen ist "Espresso Italiano" kein Rezept mehr, sonder kann als Zertifikat über ein Schulungs- und Zertifizierungsprogramm erworben werden.

Weil es oft zitiert wurde, ist es hier noch mal aufgeführt. Dass die Bezugsmenge als Volumen in [ml] und nicht als Masse in [g] angegeben wird, sorgt immer wieder für Diskussionen.

  • Necessary portion of ground coffee 7 g ± 0,5
  • Exit temperature of water from the unit 88°C ± 2°C
  • Temperature of the drink in the cup 67°C ± 3°C
  • Entry water pressure 9 bar ± 1
  • Percolation time 25 seconds ± 5 seconds
  • Viscosity at 45°C > 1,5 mPa s
  • Total fat > 2 mg/ml
  • Caffeine < 100 mg/cup
  • Millilitres in the cup (including froth) 25 ml ± 2,5

Bezugsfehler

Eine gezielte Veränderung des Brührezepts wird allerdings erst möglich, wenn man bei gleichem Rezept sehr ähnliche Ergebnis erzielt. Bezugsfehler wie Channeling oder ungleichmäßige Extraktion durch schiefes tampen machen ähnliche Ergenisse bei gleichem Rezept nur zufällig möglich. Sie müssen deshalb zuerst angegangen werden.

Auch schmeckt ein Bezug mit Channeling vor allem bitter. Eine Änderung des Brührezepts führt evtl. nur zu einem weiteren bitteren Bezug, der Zusammenhang zwischen dem Brührezept und einem spezifischen Geschmack kann nicht wahrgenommen werden.